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Veränderungen der Wanzenfauna durch Koppelbeweidung im NSG Wahler Berg (Kreis Neuss)
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Der Wanzenbestand im NSG Wahler Berg wurde von mir im wesentlichen in den Jahren 1989 und 1990 durch Exhaustor- und Kescherfänge festgestellt (KOTT, 1991, 1994). Dabei ergab sich eine Gesamtzahl von 104 Arten. In den Jahren 1991 bis 1993 wurde im Gebiet weiter gesammelt, um die bisherigen Sammeldaten abzusichern. Dabei wurden die Auswirkungen der Schafbeweidung sehr deutlich sichtbar.

1. Die Auswirkungen der Schaf beweidung auf die Flora

Die Schafbeweidung begann im Sommer 1990 mit 13 Heidschnucken. Schon bald zeigten sich die ersten Auswirkungen in der Störzone entlang der B9 dadurch, dass hier die Gräser und Kräuter durch Verbiß ziemlich kurz gehalten wurden. Uber den Winter hinweg wurden im EichenBirkenwald die Sträucher des Schwarzen und Roten Holunders durch Schälung weitestgehend zerstört. Im Frühjahr und Frühsommer 1991 zeigten sich auch in den beiden Wüstungsbereichen dramatische Auswirkungen. Hier wurde die Brennesselflur bis auf eine Höhe von 10-20 cm abgefressen. Auch das Land-Reitgras (Calamagrostis epigeios) wurde ziemlich kurz gehalten (5. Abb. 1 u. 2). Im nördlichen Teil des Trockenrasens, der durch eine Wuchs-höhe von bis zu 50 cm gekennzeichnet war, blieb die ganze Pflanzendecke unter 10 cm Höhe und wurde insgesamt von vertrockneten Gräsern geprägt, was sich in einer grau-braunen Färbung widerspiegelte (s. Abb. 3 u. 4). Die auf den Grasflächen überall aufkommenden kleinen Bäume und Sträucher verschwanden, und selbst das Brombeergestrüpp wurde durch Fraß zurückgedrängt. Die mit Besenheide (Calluna vulgaris) bewachsenen Flächen wurden zu flachen grünen Polsterflächen verbissen. Auch die Bäume blieben nicht ungeschoren. Uberall wurden Laub und kleine Aste bis in eine Höhe von ca. 1,5 m abgefressen, als ob jemand mit dem Lineal festgelegt hätte, wie tief hinab die Bäume belaubt sein dürften (s. Abb. 4). Die Auswirkungen im Bereich der Silbergrasfluren des südlichen Trockenrasens und der Düne waren weit weniger auffällig, da sich der Höhenwuchs nicht wesentlich verringerte.

Inzwischen ist die Zahl der Heidschnucken auf sechs erwachsene Tiere zurückgenommen worden, nachdem es 1991 zusammen mit den Jungtieren sogar zeitweise 21 Tiere waren. Die Grasflächen haben weiterhin nur eine sehr kurze Pflanzendecke und wirken im Sommer wie verdorrt. Selbst die giftige Zypressen-Wolfsmilch (Euphorbia cyparissias) kommt nicht mehr hoch.

   
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Fanggebiet NSG Wahler Berg
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2. Die Auswirkungen der Schafbeweidung auf an Gräsern lebende Wanzen

Bisher konnten im NSG Wahler Berg 21 Wanzenarten festgestellt werden, die mit ihrer Lebensweise an Gräser gebunden sind (s. Tab. 1). Davon waren folgende fünf Arten Ei nzelfunde: Leptopterna dolobrata, Megaloceraea recticornis, Anaptus major~ Podops inuncta und Aella klugi. Drei weitere Arten wurden nur in wenigen Exemplaren gefangen: Pithanus maerkeli (6 Tiere), Leptopterna ferrugata (8 Tiere) und Trigonotylus pulchellus (4 Tiere). Die übrigen 13 Arten sind Tiere, die im NSG das Artenspektrum der Grasflächen dominierten.

Durch die Schaf beweidung wurden sieben dieser Arten so stark zurückgedrängt, daß sie nur noch in wenigen Exemplaren angetroffen wurden. Besonders drastisch fiel die
Reduzierung bei Stenodema Iaevigatum, Notostira elongata, Lopus decolor, Nabis pseudoferus und Myrmus mir!formis aus, von denen nur noch ein oder zwei Exemplare gefangen wurden. Anhand der Fangdaten von Stenodema laevigatum und Myrmus miriformis ergibt sich, daß diese beiden Arten sogar nach 1991 überhaupt nicht mehr gefangen wurden. Für M. miriformis stellt auch BORNHOLDT in seiner Arbeit (S. 234) fest, daß bei Schafbeweidung „in allen Fällen die Hochgrasbesiedler zurückgehen“. Aus der dazugehörigen Tabelle (5. 235) wird die Dramatik des Rückganges besonders deutlich.
Tier, Tiere
häufig
sehr häufig
Wüstung
Stärzone an der B9
nördlicher Trockenrasen südlicher Trockenrasen Düne
Calluna-Bestand
Calamagrostis-Bestand

Nur fünf Arten konnten trotz der Beweidung weiterhin in großen Mengen festgestellt werden: Trigonotylus caelestiaIium, Conostethus roseus, Nabis ferus, Ischnodemus sabuleti und Aelia acuminata. Bei Aelia acuminata, die vorher auf allen Grasflächen des NSG sehr zahlreich war, fällt allerdings auf, daß sie nur noch im Dünenbereich mit seinen Silbergrasbeständen (Corynephorus canescens) und unter der Besenheide gefunden wurde.

Bei einer Art, Amblytylus albidus, möchte ich eine Reduktion nicht behaupten, obwohl ich nur sieben Exemplare in den Jahren 1991 bis 1993 gefangen habe, weil ich nur Anfang Juli, dem Monat ihres Massenvorkommens (KoTr, 1991 ‚1994), fangen konnte. Es ist also durchaus möglich, daß auch Amblytylus durch die Beweidung keinen sichtbaren Schaden genommen hat.

 
       
 


Tab. 1
Veränderungen der Wanzenfauna, die auf Gras lebt

Nr. Art
MIRIDAE (12 Arten)
1. Pithanus maerkeli (H.S.)
2. Leptopterna dolobrata (L.)
3. Leptopterna ferrugata (FALL.)
4. Stenodema caicaratum (FALL.)
5. Stenodema laevigatum (L.)
6. Notostira elongata (GEOFFR.)
7. Megaloceraea recticornis (GEOFFR.)
8. Trigonotylus caelestialium(KIRK.)
9. Trigonotylus pulchellus (HAHN)
10. Lopus decolor (FALL.)
11. Amblytylus albidus (HAHN)
12. Conostethus roseus (FALL.)
NABIDAE (3 Arten)
13. Anaptus major (CA.)
14. Nabis ferus (L.)
15. Nabis pseudoferus REM.
LYGAEIDAE (2 Arten)
16. Ischnodemus sabuleti (FALL.)
17. Peritrechus geniculatus (HAHN)
RHOPALIDAE (1 Art)
18. Myrmus miriformis (FALL.)
PENTATOMIDAE (3 Arten)
19. Podops inuncta (F.)
20. Aelia acuminata (L.)
21. Aelia klugi HAHN

                   
Individuenzahlen
bis 1990
Individuenzahlen
1991 bis 1993
 
5T: SB9,NTR,DÜN
1T: SB9
8T: STR,DÜN
s.h.: alle Graszonen,CAL
s.h.: SB9,NTR,STR,CAB
s.h.: SB9,NTR
-
s.h.: STR,DÜN
4T: DÜN
s.h.: NTR
s.h.: STR,DÜN
s.h.: STR,DÜN

1T: NTR
s.h.: alle Graszonen,CAL
s.h.: alle Graszonen

s.h.: CAB
s.h.: alle Graszonen

s.h.: alle Graszonen

1T: NTR
s.h.: alle Graszonen
1T: NTR

1T: SB9
-
-
7T: STR,DÜN,CAB
2T: WÜS
2T: CAB
1T: SB9
s.h.: STR,DÜN
-
1T: STR
7T: STR,DÜN
sh.: STR,DÜN

-
s.h.: WÜS,DÜN,CAL,CAB
2T: CAL,CAB

s.h.: CAB
10T: DÜN,CAL,CAB

2T: NTR,STR

-
s.h.: DÜN,CAL
-

   
     
Abkürzungen:
   
T
h.
s.h.
WÜS
SB9
NTR
STR
DÜN
CAL
CAB
Tier, Tiere
häufig
sehr häufig
Wüstung
Stärzone an der B9
nördlicher Trockenrasen südlicher Trockenrasen Düne
Calluna-Bestand
Calamagrostis-Bestand
 
     

 

3. Wie sind diese Auswirkungen der Schafbeweidung auf an Gräsern lebende Wanzen zu erklären?

Mir erscheinen fünf Gründe für die Reduktion der von Gräsern lebenden Wanzenfauna maßgeblich zu sein:

1. Art der Eiablage

Die meisten grasbewohnenden Wanzen legen ihre Eier an Gräsern ab (BOCKWINKEL, 1988; TISCHLER, 1938). Da nun durch die Beweidung die Gräser bis kurz vor den Boden
abgefressen wurden, sind dabei die Wanzeneier mitgefressen worden. Dies dürfte für den Zusammenbruch der Graswanzenpopulation (Stenodemini, Tiere Nr. 2-9 der Tab. 1) der entscheidende Grund gewesen sein.

2. Vernichtung der Futterpflanzen

Da die Schafe die Gräser bis sehr weit nach unten abfressen, bleiben von vielen Grasarten nur kümmerliche Reste übrig. Diese sind dann nicht mehr in der Lage, die Wanzen zu ernähren. Dies kann am Beispiel der samensaugenden Stenodema caicaratum deutlich gemacht werden. Der intensive Schaffraß läßt die Gräser nicht mehr fruchten, so daß die Nahrungsgrundlage verloren geht. Dies ist eine Wirkung, die BOCKWINKEL 1988 schon für die Mahd auf Stenodema caicaratum nachweisen konnte.

Für Lopus decolor war die Situation ähnlich. Diese Wanze lebte im NSG am Großen Straußgras (Agrostis tenuis), das hier bis ca. 50 cm hoch wurde. Nach KULLENBERG ist Lopus decolor ziemlich streng auf Agrostis-Arten, A. tenuis und A. canina, spezialisiert. Zur Ernährung schreibt er (5. 263): „Auf den Nahrungspflanzen saugt L. decolor hauptsächlich an den Fruchtknoten und Früchten“. Der Schaffraß ließ diese Pflanze überhaupt nicht mehr hochkommen, so daß auch in diesem Fall die Nahrungsgrundlage verlorenging.

3. Vertrocknen der Grasflächen

Weil die Schafe die Grasnarbe sehr kurz hielten, scheint auch ein Vertrocknen der Pflanzen in den sehr warmen und trockenen Sommern der Jahre 1991 und 1992 sehr schnell
eingetreten zu sein. Auch dies zerstörte die Nahrungsgrundlage der grasbewohnenden Wanzen.

4. Verlust tieferer Krautsch ichten

Für die Stenodemini kommt noch ein weiterer Effekt hinzu. Diese Wanzen verfügen nur über einen relativ schlechten Verdunstungsschutz, so daß sie sich bei starker Sonneneinstrahlung in tiefe Krautschichten zurückziehen (B0cKwINKEL, 1990). Da diese nun fehlen, ist das Biotop ungeeignet geworden.

5. Trittwirkung der Schafhufe

Da bei der hohen Bestandsdichte die Schafe jeden Flecken der Grasflächen des NSG häufig betreten haben, was anhand der Trittsiegel gut zu erkennen war, dürften viele der Larven und flugunfähigen Weibchen der grasbewohnenden Wanzen diese mechanische Belastung nicht überlebt haben. Die Larven und flugunfähigen Weibchen sind nicht hoch beweglich, deshalb können sie den Tritten auch nicht ausweichen.

4. Warum haben fünf an Gräsern lebende Wanzenarten diese Eingriffe mehr oder weniger unbeschadet überstanden?

Eigenartigerweise wurden zwei Wanzenarten - Trigonotylus caelestialium und Conostethus roseus - durch die oben aufgeführten Auswirkungen der Schafbeweidung nicht in ihrer Massenentwicklung und Verbreitung im NSG sichtbar betroffen. Beide Arten leben auf Silbergras, das von den Schafen nur in sehr geringem Maß gefressen wurde, so daß eine bestandsreduzierende Wirkung bei den Wanzen nicht eintrat.

Ganz anders ist die Wirkung auf Aelia acuminata, deren Verbreitung im NSG auf den Silbergrasbestand der Düne und die Besenheideflächen zurückging. Anhand der Fang-daten sieht man, daß die Tiere hier im April und Mai gefangen wurden. In den Sommermonaten konnte ich nur noch eine Larve dieser Wanze im NSG nachweisen. Dieser Zeit-rahmen zeigt, daß es sich hier um ein Winterlager handelt, das erst im Laufe des Monats Mai verlassen wurde (TISCHLER, 1938). Die überwinterten Tiere haben dann offensichtlich das NSG verlassen und angrenzende Flächen aufgesucht. Bei Kontrollfängen in angrenzenden Gebieten wurde Aelia zu jeder Zeit festgestellt.

Auch bei Ischnodemus sabuleti ist eine besondere Form der Auswirkung der Schafbeweidung zu beobachten. Die Schafe fraßen den Calamagrostisbestand bis auf kümmerliche Reste herunter. Er war kaum noch handhoch,mit großen Lücken zwischen den einzelnen Pflanzen. In den Jahren 1991 und 1992 schien sich das nicht stark auf die Zahl der Tiere auszuwirken. Am 25.4.1993 aber fand ich trotz intensiver Nachsuche kein einziges Exemplar. Da meine Sammelerlaubnis am 1.6.1993 auslief, konnte ich nicht mehr prüfen, ob Ischnodemus sabuleti wirklich dramatisch zurückgedrängt worden ist. Nach TISCHLER (1960) ist diese Art feuchtigkeitsliebend, so daß ihr Rückgang auf dem Verlust der hohen Feuchtigkeit beruhen kann, der durch die Lückenhaftigkeit und geringe Höhe des Calamagrostisbestandes ensteht.

Für Nabis ferus gilt, daß sie nach 1990 zwar noch häufig (18 Exemplare) in den verschiedenen Bereichen des NSG gefangen wurde, aber in der Zeit davor waren es bei den einzelnen Sammelgängen so viele, daß ich sie nicht nur nicht mitgenommen, sondern im einzelnen auch nicht gezählt habe. Es ist also ein Schwund festzustellen. Warum die Art aber dennoch häufig vorkommt, liegt möglicherweise an der räuberischen Lebensweise, die hier mit der Flugfähigkeit verbunden ist. Da die Eier in Grashalme abgelegt werden, ist es denkbar, daß die gefangenen Tiere sich nicht im NSG entwickelt haben, sondern aus Nachbargebieten auf der Suche nach Beute eingeflogen sind.

5. Die Auswirkung der Schafbeweidung auf an Kräutern lebende Wanzen

Genauso wie die Gräser wurden die Kräuter durch die Schafbeweidung zurückgedrängt, und damit muß man für die an Kräutern lebenden Wanzen eine ähnlich starke Auswirkung erwarten (s. Tab. 2). Von den an Kräutern lebenden Wanzen konnten im NSG bisher 31 Arten gefangen werden. Drei davon wurden erst nach 1990 gefangen.
Wie verhielten sich die anderen 28 Arten unter der Schafbeweidung?

1) Elf Arten konnten in den Jahren 1991 bis 1993 nicht mehr nachgewiesen werden. Acht dieser Arten wurden auch bis 1990 immer nur in wenigen Exemplaren gefangen; nur Phytocoris varipes, Oncochila simplex und Stictopleurus punctatonervosus waren sehr häufig.

2) Neun Arten konnten bis 1990 und auch danach immer nur in wenigen Exemplaren gefangen werden.

3) Fünf Arten, die bis 1990 sehr häufig vorkamen, konnten nur noch in wenigen Exemplaren gefunden werden. Dabei handelt es sich um Adeiphocoris annulicornis, Lygocoris spinolai, Lygus rugulipennis, Scolopostethus thomsoni und Rhopalus parumpunctatus.

4) Nur zwei Arten, Liocoris tripustulatus und Plagiognathus arbustorum, konnte ich sowohl bis 1990 als auch danach sehr häufig finden.

5) Eine Art, Polymerus nigritus, konnte bis 1990 nur einmal nachgewiesen werden. Im Jahre 1991 war sie dann sehr häufig und war danach nicht mehr anzutreffen.

 
     
Veränderungen der Wanzenfauna, die an Kräutern lebt
                         
Nr. Art
Vorkommen (n. Wagner, 1952, 1966, 1967) Individuenzahlen
bis 1990
Indivlduenzahlen 1991 bis 1993
MIRIDAE (18 Arten)
1. Dicyphus errans (WFF.)
2. Dicyphus globulifer (FALL)
3. Dicvphus consirictus (BOH.)
4. Phytocoris varipes BOll.
5. Adetphocoris lineolatus (GZ.)
6. Adelpliocoris annulicornis (SHLBG.)
7. Lygocoris pabulinus (L)
8. Lygocoris spinolai (MD.)
9. Lygus gemellatus (H.S.)
10. Lygus pratensis (L.)
11. Lygus rugulipennis POPP.
12. Lyguswagnen REM.
13. Orlhopskalmii(L)
14. Liocoris tripustulatus (F.)
15. Polymerus nigritus (FALL)
16. Heterotonsa planicornis (PALL)
17. Plagiognathus arbustorum (F.)
18. Chlamydatus saltitans (FAI.L)
TINGIDAE (2 Arten)
19. Kalama tricomis (SCIIRK.)
20. Oncochila simplex (H.S.)
LYGAEIDAE (4 Arten)
21. lleterogasser urticae (F.)
22. Scolopostethus affinis (SCHILL)
23. Scolopostethus thomsoni REUT. RHOPALIDAE(3 Arten)
24. Rhopalus parurnpunctatus (SCHILL.)
25. Stictopleurus punctatonervosus (GZ.)
26. Stictopleurus abutilon (ROSSI) PENTATOMIDAE (4 Arten)
27. Palomena prasina (L.)
28. Dolycoris baccarum (L.)
29. Eurydenia okraceum (L)
CYDNIDAE(2 Arten)

30. Tritomegas bicolor (L)
31. Legnotus lirnbosus(GEOFFR.)
-
2T: SB9; IT: WÜS
10T: WÜS
s.h.: SB9, NTR
5T: SB9; 2T: NTR
s.h.: WÜS
6T: WÜS
s.h.: WÜS
-
2T: SB9
s.h.: alle Zonen
1T: CAL
4T: SB9
sh.: WÜS
IT: WÜS
IT: SB9; 5T: WÜS
s.h.: WÜS, einzeln: SB9
-

IT:NTR
s.h.: SB9, NTR

1T: WÜS
7T: SB9; 1T: WÜS
s.h.: SB9, CAL, WÜS

s.h.: Grasbereiche u. CAL
s.h.: Grasbereiche u. CAL
3T: SB9



4T: EBW
2T
5T: SB9

1T: SB9
4T: WÜS
IT: SB9, 3T: WÜS
4T: WÜS
-
-
-
3T: WÜS
-
6T: WÜS
1 T: SB9
1 T: WÜS
3T: EBW; 1T: WÜS
2T: WÜS
-
s.h.: WÜS
1991 s.h.: WÜS
1T: WÜS
s.h.: WÜS
IT: STR

IT: CAL
-

1T: CAB
2T: WÜS
2T: WÜS, 1T: CAL

1T: CAL
-
-



5T: EBW; 1T: WÜS
-
2T: CAL

-
-
mancherlei Kräuter (Geranium, Ustica, Epilobium, Verbascurn, Stachys)
Melandrium, Lychnis
stark behaarte Kräuter (Stachys, Salvia, Melandrium)
Kräuter auf trockenem Boden
Leguminosen (Ononis, Trifolium, Medicago)
Urtica
Kräuter
an Kräutern (Urtica, Artemisia, Tanacetum u.a.)
Artemisia campestris
Umbelliferen
Ruderalpflanzen
?
Umbelliferen
Urtica
Galium
an Kräutern
Ruderaipflanzen
unter Kräutern (Polygonum aviculare, Trifolium)

Hieracium pilosella, Arteinisia campesiris
Euphorbia (im NSG: Eu. cypanssias)

Urtica
auch auf Urtica
oft auf Urtica

zahlreiche Kräuter (Geraniaceen, Alsinaceen, Kompositen)
mancherlei Kräuter (Achillea, Senccio)
Kompositen (Achillea, Artemisia)



Urtica
mancherlei Pflanzen (Cirsium, Verbascum, auch Getreide)
Crucifcren

1 Labiaten, bes. Stachys
Galium
   

6. Wie sind die Auswirkungen beweidung auf an Kräutern
Wanzen zu erklären?


In diesem Abschnitt möchte ich nur auf die im vorherigen Abschnitt namentlich aufgeführten Wanzenarten eingehen, da sie zahlenmäßig die Wanzenfauna an Kräutern dominierten.


Für Oncochila simplex ist die Erklärung sehr einfach. Im NSG lebte sie an Euphorbia cyparissias, die von den Heidschnucken fast völlig beseitigt wurde, so daß die Ernährungsgrundlage für Oncochila fehlt.

Bei Polymerus nigritus ist eine Wertung auf der Basis der bisher bekannten Daten nicht möglich. Es könnte sich hier um einen von den Schafen unabhängigen Massenwechsel handeln. Es könnte aber auch sein, daß durch Kurzhalten der Nesseln die Futterpflanze Labkraut für die Wanzen attraktiver wunde. Um das zu beurteilen, bedürfte es weiterer Beobachtungen.

Die Auswirkungen der Beweidung auf Phytocoris varipes ergeben sich aus den Beobachtungen von KULLENBERG (S. 28): „Ph. varipes ist ein ausgesprochenes Nachttier. Am Tage sitzen die Tiere in den niedrigeren Teilen der Vegetation und oft auch auf dem Boden oder in der Streu, wo der Schatten am stärksten ist. ... Der Schattenbedarf der Art am Tage erklärt wohl wenigstens teilweise, weshalb sie Lokale mit dichter Vegetation wählt.“ - Gerade diese Ansprüche an das Biotop werden heute durch die Beweidung nicht mehr erfüllt, so daß ein Abwandern der Art die offensichtliche Folge ist.

Einen besonderen Komplex bilden die an Urtica gebundenen Wanzen Liocoris tripustulatus, Plagiognathus arbustorum, Adeiphocoris annulicornis, Lygocoris spinolai und Scolopostethus thomsoni. Während die ersten beiden Arten bis und nach 1990 sehr häufig waren, sind die drei letzten Arten nur noch in wenigen Exemplaren gefangen worden. Der Rückgang von Scolopostethus thomsoni findet seine Erklärung darin, daß die Brennesseln kaum noch Samen ansetzen. Aus eigenen Zuchtversuchen weiß ich, daß die Larven von Scolopostethus nur erwachsen werden, wenn sie Nesselsamen zur Verfügung haben. Zuchten, die nur mit samenlosen Nesseln versucht wurden, starben ab. Erklärungen für das zum Teil gegensätzliche Verhalten der vier anderen Arten kann ich nicht geben, da mir über diese Tiere zu wenig bekannt ist.

Auch für Lygus rugulipennis, Rhopalus parumpunctatus und Stictopleurus punctatonervosus kann ich keine Aussagen machen.

7. Wanzenfauna und Koppelbeweidung durch Heidschnucken

Zusammenfassend läßt sich also feststellen, daß die Koppelbeweidung durch Heidschnucken im NSG Wahler Berg die Wanzenfauna der betroffenen Biotope stark in Mitleidenschaft gezogen hat. Von 52 Arten dieser Biotope haben 17 Arten das Gelände verlassen. Außer bei Phytocoris varipes, Oncochila simplex und Stictopleurus punctatonervosus handelt es sich dabei um Arten, die auch vorher nicht häufig waren. 14 weitere Arten, die vorher häufig waren, wurden nur noch in wenigen Exemplaren gefunden, wobei Amblytylus albidus nicht endgültig beurteilt werden kann. Trigonotylus caelestialium, Conostethus roseus, Liocoris tripustulatus und Plagiognathus arbustorum kommen nach wie vor sehr häufig vor und scheinen keinen Schaden genommen zu haben. Aelia acuminata kommt nur noch im Winterlager im NSG häufig vor. Ob Ischnodemus sabuleti weiterhin häufig sein wird, muß durch weitere Beobachtungen erst noch geprüft werden. Bei Po!ymerus nigritus ist nicht sicher, ob sie aus der Schafbeweidung Vorteile hat. 10 Arten zeigten sich nach wie vor immer nur in wenigen Exemplaren, und vier Arten wurden erst nach Beginn der Beweidung in jeweils wenigen Exemplaren festgestellt. Die hier veröffentlichten Auswirkungen der Koppelbeweidung auf die Wanzenfauna finden ihre Bestätigung in der Arbeit von BORNHOLDT, der die Auswirkungen durchwan
dernder Schafherden auf die Arthropodenfauna, im besonderen auch der Wanzenfauna, darstellt. Dabei wurden die Untersuchungsflächen nur für wenige Monate im Sommer von Schafen beweidet. Bei intensiver Beweidung gab es in diesen Monaten mehrere Durchtriebstage je Woche (BORNHOLDT, 5. 129). Diese Form der Schafbeweidung führt auf den Untersuchungsflächen zu einem überaus deutlichen Arten- und Individuenrückgang (BORNHOLDT, 5. 127 u. 233).

Literaturverzeichnis

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Bornholdt, G. (1991): Auswirkungen der Pflegemaßnah men Mahd, Mulchen, Beweidung und Gehölzrückschnitt auf
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Kott, R (1991): Zur Wanzenfauna des NSG Wahler Berg (Kreis Neuss). - Verh. Westd. Entom. Tag 1990, 193-200.
(1994): Die Wanzen (Heteroptera) des NSG Wahler Berg. -Decheniana 147, 96 - 106.
Kullenberg, B. (1944): Studien über die Biologie der Capsiden. - Uppsala. 522 S.
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(1939): Zur Ökologie der wichtigsten in Deutschland an Getreide schädlichen Pentatomiden. II. - Z. f. MorphoI. u.
Okol. d. Tiere 35, 251 - 287.
(1960): Studien zur Bionomie und Ökologie der Schmal-wanze Ischnodemus sabuleti Fall. (Hem., Lygaeidae).
- Z. wiss. Zool. 163 (1/2), 169 - 209.
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Dahl: Die Tierwelt Deutschlands, Teil 41: 1 - 218, Jena.
(1966): Wanzen oder Heteroptera. 1 Pentatomorpha. - In:
Fr. Dahl: Die Tierwelt Deutschlands, Teil 54: 1 -235, Jena.
(1967): Wanzen oder Heteroptera. II Cimicomorpha. - In: Fr. Dahl: Die Tierwelt Deutschlands, Teil 55: 1 -179,
Jena.
   
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