Heteroptera
 
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DIE WANZEN (HETEROPTERA) DES NSG WAHLER BERG

Kurzfassung

Der Wahler Berg auf dem Stadtgebiet Dormagens zwischen Köln und Neuss ist der Rest eines Flugsanddünengebietes. Vor allem in den Jahren 1989 und 1990 wurden hier insgesamt 104 Wanzenarten gefangen. Eine erste Artenliste für ein typisches Flugsanddünengebiet des linken Niederrheins in NRW wird gegeben.

Abstract

There is a remnant of drifting sand dunes between Cologne and Neuss on the municipal area of Dormagen called Wahler Berg. 104 species of bugs were caught there particularly in the years 1989 and 1990. The first list of species for a typical drifting sand dunes area of the left part of Lower Rhine in North Rhine-Westphalia can be found in the text.

Bilder zu dieser Veröffentlichung:
Tabelle 1
Tabelle 2
Abbildung 2
     
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Abb. 1
Fanggebiet NSG Wahler Berg
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1. Fangbereiche

Für die Bearbeitung der Wanzenfauna des NSG Wahler Berg wurden neun Fangbereiche eingeteilt, die sich vom Pflanzenkleid her anboten (s. Abb. 1):

1. Eichen-Birkenwald
Pflanzensoziologisch handelt es sich um ein Betulo-Quercetum roboris. In diesen Bereich habe ich auch alle Fänge auf Sal-Weide (Salix aprea), Zitterpappel (Populus tremula) und Berg-Ahorn (Acer pseudoplatanus) genommen.

2. Wüstungen
Im Osten des NSG liegen nördlich und in der Mitte zwei Flächen, die Gebäudereste und verwilderte Gartenpflanzen aufweisen. Hauptsächlich zeigt sich die Große Brennessel (Urtica dioica), die oft vom Klebrigen Labkraut (Galium aperine) durchwuchert ist.

3. Störzone an der B 9
Sie umfaßt den Gras- und Krautbestand in einem ca. 30 Meter breiten Streifen entlang der B9. Pflanzensoziologisch handelt es sich um eine Glatthaferwiese (Arrhenatheretum) in trockener Ausprägung.Alle Fänge auf den Gehölzen dieses Streifens sind dem Eichen-Birkenwald zugeschlagen.

4. Nördlicher Trockenrasen
Ein durch Gräser von maximal 50 cm Höhe gekennzeichneter Teil des im Zentrum des NSG liegenden Trockenrasens. Es handelt sich dabei einerseits um einen Sandstraußgras-Rasen (Agrostietum coarctatae) und andererseits um einen Schafschwingel-Magerrasen (Festuca-ovina-Magerrasen) mit Rumex acetosella f. tenuifolia und Jasione montana.

5. Südlicher Trockenrasen
Der im Norden und Westen direkt an die Düne grenzende, durch 10-20 cm hohe Pflanzen, sandige Zwischenräume und Flechten gekennzeichnete Trockenrasen ist überall mit Silbergras (Corynephorus canescens) durchsetzt. Es handelt sich um eine Flechten-Silbergrasflur (Corynephoretum cladonietosum).

6. Düne
Offene Sandflächen mit einem Steilabfall nach Westen, die in großen Teilen mehr oder weniger dicht mit Silbergras (Corynephorus canescens) und Fingerhirse (Digitaria ischaemum) bewachsen sind. Einige Flächenteile, besonders nahe der westlichen Dünenkante, tragen einen dichten Moos-Flechtenrasen. Auch hier handelt es sich pflanzensoziologisch um eine Flechten-Silbergrasflur (Corynephoretum cladonietosum).

7. Calluna-Bestand
Die mehr oder weniger großen Flächen von Besenheide (Calluna vulgaris), die sich auf der Düne oder im Trockenrasen und bis in die Störzone an der B 9 erstrecken, wurden zu diesem Fangbereich zusammengefaßt.


8. Sarothamnus-Bestand
Er umfaßt die im NSG noch vereinzelt vorhandenen, nördlich vor dem NSG einen gößeren Bestand bildenden Sträucher des Besenginsters (Sarothamnus scoparius). Der ehemals im ganzen NSG große Flächen einnehmende Sarothamnus-Bestand wurde ein Opfer des kalten Winters 83/84 und des sich ausdehnenden Eichen-Birkenwaldes.

9. Calamagrostis-Bestand
Ein weitestgehend in der Störzone an der B 9 liegender, gegenüber anderen Vegetationsformen deutlich abgegrenzter Bereich, der von Land-Reitgras (Calamagrostis epigeios) bewachsen ist.

2. Sammeltechnik und Sammelzeitraum

Die Sammelgenehmigung der Unteren Landschaftsbehörde des Kreises Neuss wurde mit der Zielvorstellung erteilt, eine qualitative Erfassung der Heteropteren des Wahler Berges zu ermöglichen. Einschränkend wurden nur Exhaustor- und Kescherfänge genehmigt und die Inbesitznahme von Tieren, insbesondere die Tötung zwecks Artbestimmung, mußte auf das notwendige Maß beschränkt werden.
Gesammelt wurde hauptsächlich in den Jahren 1989 und 1990. Um ganzjährig über die Wanzenfauna Nachweis zu führen, besammelte ich möglichst einmal im Monat jeden Fangbereich - mit Ausnahme der Ferienzeiten zu Ostern und im Sommer. In den wanzenreichen Monaten (5-9) versuchte ich mehrmals monatlich zu sammeln.
Darüber hinaus sind aus der Vorbereitungszeit im Jahre 1988 einige Fänge vorhanden. Außerdem sind mir einige Zufallsfänge aus den Jahren 1985 und 1977 zugänglich gewesen.

3. Wertung der Funde

Von den 19 Wanzenarten, die auf der Flechten-Silbergrasflur (Düne und Südl. Trockenrasen) vorkommen, wurden sechs Arten nur hier gefangen (s. Tab. 2). Vier davon sind sehr häufig und damit sicher charakteristisch für diesen Biotoptyp: Trigonotylus caelestialium, Amblytylus albidus, Conostethus roseus und Nysius thymi. MARCHAND (1953) bestätigt dies für A. albidus und N. thymi und REMANE (1958) für C.roseus. Für T. caelestialium ist eine so enge Bindung sonst nicht genannt worden. RIEGER (1978) gibt als Lebensraum an:"...,überhaupt fehlt T.caelestialium an keinem Ort gänzlich, sofern nur Gräser vorhanden sind." Angaben aus der Zeit vor 1956 fallen ganz aus, da nicht zwischen T. ruficornis und T. caelestialium unterschieden wurde und beide zusammen als T. ruficornis aufgeführt wurden.
Von den 104 am Wahler Berg vorkommenden Wanzenarten sind drei als Erstnachweise für NRW aufzufassen: Dicyphus constrictus, Amblytylus albidus und Asciodema obsoletum. Drei weitere Arten wurden bisher nur von WESTHOFF (1880-1883) für Gebiete genannt, die heute in NRW liegen: Deraeocoris cordiger, Peritrechus nubilus und Beosus maritimus.
Ein weiterer Gesichtspunkt für die Bewertung der Funde ergibt sich aus der Besonderheit des NSG Wahler Berg. Es handelt sich durch Exposition, Vegetation und Bodenstruktur um ein xerothermes Gebiet. Dies trifft in besonderem Maße für die beiden Trockenrasenflächen, die Düne und die Callunafläche zu. Daraus ergibt sich die Erwartung, gerade hier besonders viele xerotherme Wanzen anzutreffen. Von den 25 xerothermen Wanzen des Wahler Berges (s. Tab. 1) kommen 22 - also 88 % - in diesen vier zentralen Bereichen des NSG vor, auf einer Fläche von knapp 2 Hektar. Aus Abb. 2 ist die Verteilung der xerothermen Wanzen auf die einzelnen Fangbereiche ersichtlich. Dabei zeigt sich, daß der Anteil der xerothermen Arten für die vier zentralen Fangbereiche zwischen 57,1% und 62,5% liegt. Das überschreitet deutlich den Anteil jedes anderen Fangbereiches. Um die xerotherme Wanzenpopulation zu erhalten, muß ein weiteres Vordringen des Calamagrostisbestandes und eine Entwicklung zu einer Glatthaferwiese, wie es entlang der B 9 schon erfolgt ist, verhindert werden. Gerade die Störzone entlang der B 9 zeigt das besonders deutlich. Sie war noch bis vor wenigen Jahren eine typische Trockenrasenzone. Heute kommen in ihr nur noch 37% der xerothermen Wanzen vor.
Die xerotherme Ausrichtung des NSG Wahler Berg führt nicht dazu, daß hier auffällig viele mediterrane Arten auftreten.Insgesamt (s. Tab. 2) sind es nur 10 Arten, die 9,6% am Gesamtbestand ausmachen. Ein Vergleich mit der Arbeit von Günther (1989) zeigt das sehr deutlich. Er weist für den Raum Leverkusen (Monheim in ca. 8 km, Burscheid in ca. 16 km Entfernung vom NSG Wahler Berg) mit 15 mediterranen Arten einen Anteil von 9,4% am Gesamtfang nach. Allerdings kommen am Wahler Berg mit
1. Asciodema obsoletum
2. Dictyonota fuliginosa
3. Beosus maritimus und
4. Legnotus limbosus
vier im Leverkusener Raum nicht nachgewiesene Arten vor. Insgesamt ist der Wanzenbestand des Wahler Berges durch paläarktisch-holoarktische und eurosibirische Arten geprägt, die mit 94 Arten die restlichen 91,4% ausmachen.


4. Artenliste

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Literatur

Günther, H. (1989): Auswertung von Wanzenfängen von zwei Standorten im Raum Leverkusen
(Hemiptera: Heteroptera). - Verh. Westd. Entom. Tag 1988, 233-242.
Josifov, M.(1986) : Verzeichnis der von der Balkanhalbinsel bekannten Heteropterenarten
(Insecta, Heteroptera). - Faun. Abh. Mus. Tierk. Dresden, 14 (6): S. 61 - 93.
Kott, P. (1991) : Zur Wanzenfauna des NSG Wahler Berg (Kreis Neuss). - Verh. Westd. Entom.
Tag 1990, im Druck
Marchand, H. (1953) : Die Bedeutung der Heuschrecken und Schnabelkerfe als Indikatoren
verschiedener Graslandtypen. - Beitr.Ent. 3, S. 116 - 162.
Remane, R. (1958) : Die Besiedlung von Grünlandflächen verschiedener Herkunft durch Wanzen
und Zikaden im Weser-Ems-Gebiet. Z. ang. Ent. 42, S. 353 - 400.
Rieger, Chr. (1978) : Zur Verbreitung von Trigonotylus coelestialium (Kirkaldy), 1902
(Heteroptera, Miridae). - Nachr.-Bl. Bayer. Ent. , 27 (5), S. 83 - 90, München.
Westhoff, F.(1880-84): Verzeichnis bisher in Westfalen aufgefundener Arten der Gruppe:
Hemiptera heteroptera. 1-3. - J.ber. Westf. Prov.verein Wiss. Kunst 8,55-64,Münster 1880; 9, S.61 - 79, Münster 1881; 12, S. 33 - 46, Münster 1883.
 
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