Heteroptera
 
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Probleme bei der Zucht von Holotrichius tenebrosus Burm.

Der Aufbau einer Zucht beginnt mit der Paarung adulter Tiere. Und genau hier liegen die Probleme bei Holotrichius tenebrosus:
In den Jahren 2002 und 2003 habe habe ich 47 Paarungsversuche durchgeführt. Davon führten fünf am Ende wirklich zu einer Kopulation.
2002 paarten sich Männchen 76/01 und Weibchen 67/01 sowie Männchen 71/01 und Weibchen 87/01. Das Weibchen 67/01 legte vom 15.06.02 bis zum 21.07-02 insgesamt 276 Eier und das Weibchen 87/01 legte vom 13.06.02 bis zum 16.08.02 insgesamt 375 Eier. In beiden Fällen waren alle Eier unbefruchtet und entwickelten sich nicht.
2003 paarten sich Männchen A0/03 und Weibchen 40/01, Männchen K5/03 und Weibchen K4/03 sowie Männchen A3/03 und Weibchen 16/01. Weibchen 16/01 und Weibchen K4/03 legten bis zu ihrem Tod keine Eier. Weibchen 40/01 legte insgesamt 15 unbefruchtete Eier.
Die mit K und A beteichneten adulten Tiere stammen aus der Natur, die anderen sind in meiner Zucht aus Eiern hervorgegangen, die von Wildfängen stammen.
Weshalb die Eier unbefruchtet blieben ist unklar. Bei Zuchtversuchen mit anderen Heteropteren (Nabiden und Reduviiden) traten solche Probleme nicht auf.
Der größte Teil der Paarungsversuche, nämlich 30, führte durch Desinteresse der Partner aneinander nicht zur Kopulation. Manchmal liefen das Männchen oder das Weibchen, manchmal auch beide gleichzeitig beim Zusammentreffen voreinander weg. Meistens jedoch liefen die Männchen davon. Manchmal trafen sich die Tiere so als wäre der Partner ein toter Gegenstand, über den man hinwegklettert oder an dem man achtlos vorbeigeht. Und manchmal drohten das Männchen oder das Weibchen dem jeweiligen Partner durch Anheben der Vorderbeine.
Aber 12 der 47 Paarungsversuche endeten in wilden Kämpfen, bei denen ich mehrmals einschritt, um die Männchen zu retten. Denn in vier Fällen waren die sowohl langflügeligen wie kurzflügeligen Männchen blitzartig vom Weibchen gestochen worden und sofort tot. Sie wurden anschließend wie eine Beute ausgesaugt. Solch ein Kannibalismus unter adulten Tieren ist mir bisher nicht bekannt gewesen. Offensichtlich fehlte den Männchen das Signal „Paarungspartner“. Bei Spinnen kennt man so etwas. Hier entwickeln die Männchen spezielle Signale, um der Verwechslung als Beute zu entgehen. Möglicherweise braucht Holotrichius tenebrosus mehr Platz im Zuchtgefäß, damit das Männchen sein artspezifisches Annäherungsverhalten entwickeln kann.
Auch von Gottesanbeterinnen kennt man dieses Verhalten, das hier als „sexueller Kannibalismus“ bezeichnet wird (HEVERS & LISKE, S.26). Bei den Männchen ist ein spezielles Werbeverhalten zu beobachten, um nicht als Beute zu enden.
Bei Holotrichius tenebrosus konnte ich bis jetzt noch kein Verhaltensmuster bei den Männchen erkennen, das einem speziellen Werbeverhalten entspricht. Allerdings zeigen die Weibchen bei der Paarung ein Verhalten, das bei Spinnen als „Paarungsstarre“ bekannt ist (BELLMANN, S. 24), denn sie bleiben während der ganzen Paarung in einem thanatose-ähnlichem Zustand. Sobald sie sich bewegen, wird das Ende der Paarung herbeigeführt.
Über Hinweise, die mir bei der Erklärung oder Beseitigung der beiden Probleme helfen könnten, würde ich mich sehr freuen.

Literatur

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Bellmann, H. (2001): Kosmos-Atlas Spinnentiere Europas. – Franckh-Kosmos Verlags-
GmbH, Stuttgart. 304 Seiten.
Hevers, J. & Liske, E. (1991): Lauernde Gefahr. Das Leben der Gottesanbeterinnen. –
Staatliches Naturhistorisches Museum Braunschweig. 67 Seiten.
 
 
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